40 Years of a Divided Cyprus
2014 jährt sich zum zehnten Mal der EU Beitritt Zyperns. Auch zehn Jahre nach diesem Ereignis ist Nikosia nach wie vor die letzte militärisch geteilte Hauptstadt der Welt. Als nach einem Putsch mit Unterstützung der griechischen Militärjuntagegen die Regierung noch die Türkei intervenierte, indem am 20. Juli 1974 türkische Streitkräfte im Norden der Insel landeten und in weiterer Folge ein Drittel der Insel besetzten, wurde von Seiten internationaler Beobachter als auch der Bevölkerung von einer provisorischen Situation ausgegangen. Als sich türkische StreitkräfteVarosia, der wichtigsten zypriotischen Touristenhochburg der 1960er und 1970er, näherten, flüchtete die griechisch-zypriotische Bevölkerung nur mit dem Notwendigsten, in der Ansicht sie würden in wenigen Wochen in ihre Häuser zurückkehren können. Wie so oft wurde aus einem Provisorium der neue status quo: die sogenannte „Grüne Linie“, eine militärische Pufferzone, die sich bis heute von Westen nach Osten quer durch die Insel zieht. Varosia ist heute wohl eine der bekanntesten Geisterstädte Europas und nach wie vor türkische Militärsperrzone. Nachdem eine Vielzahl von Versuchen zur Lösung des Konflikts – unter anderem der 2004 an einem Referendum gescheiterte sogenannte „Annan-Plan“ – bis dato erfolglos geblieben sind, lassen die rezente Wiederaufnahme von Gesprächen und eine gemeinsame Stellungnahme beider Seiten Anfang 2014 wieder neue Hoffnung aufkommen.
Vor diesem Hintergrund wird sich die geplante Tagung „1974-2014 – 40 Years of a Divided Cyprus“ sowohl den historischen und politischen, als auch den juristischen und diplomatischen Aspekten der Teilung und militärischen Okkupation nähern. In Hinblick auf aktuelle Ereignisse etwa neuen Bemühungen um Friedensgespräche im Nahost-Konflikt durch die USA, dem Bürgerkrieg in Syrien, oder der Situation in der Ukraine und auf der Krim, erscheint die Thematik, inklusive möglicher Lösungsansätze, aktueller und relevanter denn je. Die Geschichte und Verortung eines EU-Mitgliedsstaats, der teilweise von Streitkräften eines NATO-Staates besetzt ist, stellen im Lichte der Verschiebung aktueller politischer und geo-strategischer Interessen ein Frühwarnmodell zukünftiger Konfliktsituationen dar. Welches Gewicht kommt in diesem Zusammenhang den politischen, juristischen und historischen Aspekten zu? Wie lassen sich heute der Südosten Europas und der Mittelmeerraum im Spannungsfeld von Ethnozentrismus und globalisierter Verschränkungen bestimmen? Welche geo-strategischen und nationalpolitischen Interessen werden von den involvierten Staaten und Bündnissen sowie Internationalen Organisationen vertreten und wie wird die Situation in Zypern dafür instrumentalisiert? Welche Rolle spielen bi-, tri- oder multilaterale Bemühungen um eine Lösung des Konflikts? Wo unterscheiden sich hier Einschätzungen zwischen Theorie und diplomatischer Praxis, wo besteht Kohärenz?
Diese für Zypern, die Türkei, Griechenland, die EU, aber auch für Österreich und Wien – mit seinen vielfachen wirtschaftlichen Interessen und der politischen Rolle als Vermittler durch die Beistellung guter Dienste bereits in den sechziger Jahren – betreffende Thematik soll durch die Konferenz auf mannigfaltige Weise beleuchtet werden: Die Projektion dieser Konzepte, die Implikationen für andere aktuelle Krisensituationen und Konflikte, und das Zusammenspiel von ethnischen und transnationalen Interessen bilden den Gegenstand einer nur interdisziplinär vorstellbaren Behandlung. Daher konzipier sich die Tagung als Ort/Plattform des Dialogs für österreichische und ausländische Wissenschafter, die unter anderem auf den Gebieten der Geschichts-, Rechts-, und Sozialwissenschaften tätig sind.